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BGH: Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts

21.11.2022 , Redaktion fixthedate.de
Verkehrsanwalt im Gespräch
Verkehrsanwalt im Gespräch

BGH: Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts

BGH Beschluss vom 28.9.2011 - Aktenzeichen I ZB 97/09

Vorinstanzen:
Kammergericht – 1 W 398/06
LG Berlin

Leitsätze

a) Für die Frage, ob die Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts einer ausländischen Partei erstattungsfähig sind, bedarf es einer Notwendigkeitsprüfung im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausländische Partei typischerweise etwa wegen sprachlicher Barrieren, kultureller Unterschiede oder mangelnder Vertrautheit mit dem deutschen Rechtssystem eher auf einen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz angewiesen sein wird als eine inländische Partei.

b) Die Mitwirkung eines ausländischen Verkehrsanwalts ist jedenfalls nicht erforderlich, wenn der deutsche Verfahrensbevollmächtigte bereits über alle nötigen Informationen verfügt oder wenn es für die ausländische Partei möglich, zumutbar und kostengünstiger ist, den inländischen Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu informieren.

Gründe

[6]

Der BGH hat sich bisher noch nicht abschließend zu der Frage geäußert, welche Maßstäbe für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts einer ausländischen Partei gelten. ... [Nunmehr nimmt er wie folgt Stellung:]

[8]

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Ebenso wie es für eine nicht am Gerichtsort ansässige inländische Partei notwendig sein kann, einen auswärtigen Rechtsanwalt in Deutschland als Verkehrsanwalt zu beauftragen, kann für die ausländische Partei eine entsprechende Notwendigkeit hinsichtlich der Einschaltung eines ausländischen Rechtsanwalts ihres Vertrauens bestehen.

[9]

Auch bei ausländischen Parteien bedarf es dabei aber einer Notwendigkeitsprüfung im Einzelfall,… Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausländische Partei etwa wegen sprachlicher Barrieren, kultureller Unterschiede oder mangelnder Vertrautheit mit dem deutschen Rechtssystem eher auf einen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz angewiesen sein wird als eine inländische Partei.

[10]

Auch die ausländische Partei bedarf aber nicht stets eines Verkehrsanwalts. So ist der ausländische Verkehrsanwalt jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der deutsche Verfahrensbevollmächtigte bereits über alle nötigen Informationen verfügt. Das kann etwa der Fall sein, wenn nach einer Abmahnung durch den inländischen Bevollmächtigten eine Unterlassungserklärung gegenüber der ausländischen Partei abgegeben wurde und im anschließenden Rechtsstreit nur noch über die durch die Abmahnung entstandenen Kosten gestritten wird (vgl. KG v. 27.8.2009 – 2 W 262/08, MDR 2009, 1312 f.).

[11]

Außerdem ist die Mitwirkung eines ausländischen Verkehrsanwalts nicht erforderlich, wenn es für die ausländische Partei möglich, zumutbar und kostengünstiger ist, den inländischen Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu informieren (vgl. Müller-Rabe in Gerold/RVG, 19 Aufl., VV 3400 Rz. 93; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., 3400 VV Rz. 59). Das kommt vor allem in Betracht, wenn die ausländische Partei ... zweifelsfrei in der Lage ist, direkt mit ihrem deutschen Prozessbevollmächtigten zu verkehren und für den Rechtsstreit Kenntnisse des Heimatrechts der ausländischen Partei unerheblich sind. ...

[12]

Auch unter dem Gesichtspunkt, dass inländischen Parteien die Reisekosten des an ihrem Wohnort oder Geschäftssitz ansässigen auswärtigen Rechtsanwalts ersetzt werden, ergibt sich nicht, dass ausländischen Parteien regelmäßig die Kosten eines Verkehrsanwalts in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes zu erstatten sind (a.A. OLG München v. 16.2.2011 – 11 W 224/11, MDR 2011, 634 f.). Der Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten liegt der Gedanke zugrunde, dass ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = NJW 2003, 898 ff.). Dabei geht es aber um das persönliche Gespräch mit dem tatsächlichen Prozessbevollmächtigten vor dem inländischen Gericht. Diese Funktion kann ein Informations- und Beratungsgespräch der ausländischen Partei mit dem ausländischen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz von vornherein nicht erfüllen. ... [Rz. 13]