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BGH: Kein Verstoß gegen § 49b BRAO bei Gebührenvereinbarung zwischen Terminsvertreter und Prozessbevollmächtigten

27.09.2022 , Redaktion fixthedate.de
Anwalt und Terminsvertreter treffen eine Einigung
Anwalt und Terminsvertreter treffen eine Einigung

BGH, Urteil vom 29.6.2000 - Aktenzeichen I ZR 122/98

Vorinstanzen:
OLG Naumburg; LG Halle

Normen:
UWG § 1; BRAO § 49 b; BRAGO § 53

Leitsatz

Erteilt der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen. Die Entschädigungspflicht richtet sich ohne Bindung an die Gebührenregelung des § 53 BRAGO nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten. Ein Verstoß gegen § 49 b BRAO ist nicht gegeben, wenn der Terminsvertreter weniger als die in § 53 BRAGO vorgesehenen Gebühren erhält.

Gründe

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 1 UWG verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die Annahme eines Sittenverstoßes nach § 1 UWG, weil es in der Anwaltschaft nicht unüblich sei, zu gleichen oder ähnlichen Bedingungen, wie den in dem Auftragsschreiben an den Kläger und seinen Sozius genannten, einen bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit der Terminsvertretung zu beauftragen. Dies könne aber offen bleiben, weil die vereinbarte Teilung der Gebühren nicht gegen § 49 b BRAO verstoße. Es handele sich um eine so genannte unechte Gebührenteilung. Davon sei auszugehen, wenn der beauftragte Rechtsanwalt in seinem Interesse die interne Mitarbeit eines anderen Rechtsanwalts honoriere oder der Prozessbevollmächtigte an der Wahrnehmung eines Termins gehindert sei. Die unechte Gebührenteilung unterfalle nicht dem Verbot des § 49 b BRAO .

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG zu. ...

Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vereinbarte Gebührenteilung mit § 49 b BRAO in Einklang steht. Nach dieser Bestimmung ist es unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vorsieht, soweit diese nichts anderes bestimmt (§ 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO). Für die Vermittlung von Aufträgen dürfen – auch im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt – finanzielle Vorteile nicht gewährt werden (§ 49 b Abs. 3 Satz 1 BRAO). Zulässig ist es jedoch, eine über § 52 BRAGO hinausgehende Tätigkeit eines anderen Rechtsanwalts angemessen zu honorieren (§ 49 b Abs. 3 Satz 2 BRAO) oder, sofern mehrere beauftragte Rechtsanwälte einen Auftrag gemeinsam bearbeiten, die Gebühren in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander zu teilen (§ 49 b Abs. 3 Satz 5 BRAO).

Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 49 b Abs. 3 Satz 2 oder Satz 5 BRAO zulässigen Vereinbarung einer Gebührenteilung verneint. Dies greift die Revision als für sie günstig auch nicht an. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, wonach keine Gebührenunterschreitung nach § 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO vorliegt.

Aufgrund der Vorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt, dem die Partei oder mit deren Einverständnis der Prozessbevollmächtigte nur für die mündliche Verhandlung die Vertretung oder die Ausführung der Parteirechte übertragen hat, neben der Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr eine halbe Prozessgebühr. Sofern nicht die Partei den Rechtsanwalt selbst beauftragt, muss sie ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden sein, dass der Prozessbevollmächtigte einen Rechtsanwalt als Vertreter auf ihre Kosten mit der Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung beauftragt. Dabei wird der Fall eines stillschweigenden Einverständnisses der Partei häufig anzunehmen sein, wenn sie in einem Amtsgerichtsprozess einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellt, der Rechtsstreit aber bei einem weit entfernten Amtsgericht anhängig ist (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 13. Aufl., § 33 Rz. 35).

Erteilt dagegen der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen (vgl. OLG Hamm AnwBl. 1978, 182 f.; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl., § 53 Rz. 5, § 33 Rz. 27; Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 13. Aufl., § 33 Rz. 36). Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird kein Vertragsverhältnis begründet. Die Entschädigungspflicht richtet sich vielmehr nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten (vgl. OLG Hamm AnwBl. 1978, 182 f.; Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 13. Aufl., § 33 Rz. 36), der für die Ansprüche des Terminsvertreters in diesem Fall auch einzustehen hat.

Bei dieser Art der Beauftragung eines Terminsvertreters, bei der der Prozessbevollmächtigte die in seinem Interesse liegende Mitarbeit eines weiteren Rechtsanwalts honoriert, ist kein Verstoß gegen § 49 b BRAO gegeben (vgl. Kleine-Cosack, BRAO, 3. Aufl., § 49 b Rz. 13; Henssler/Prütting/Dittmann, BRAO, § 49 b Rz. 25). Diese Bestimmung ist eingeführt worden, um den Preiswettbewerb um Mandate und die mittelbare Vereinbarung von Erfolgshonoraren in gerichtlichen Verfahren zu verhindern (vgl. Begr. z. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/4993, 31). Diese Gefahr besteht bei der Beauftragung eines Terminsvertreters durch den Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen nicht. Der Prozessbevollmächtigte, der einen anderen Rechtsanwalt als Terminsvertreter einschaltet, erspart gegenüber einer eigenen Terminswahrnehmung für seine Partei nur die Kosten der Geschäftsreise nach § 28 BRAGO. Unter das Verbot der Gebührenunterschreitung fallen zwar auch Auslagen (§ 49 b Abs. 1 Satz 1 BRAO). Eine Gebührenunterschreitung liegt gleichwohl nicht vor, weil der Rechtsanwalt nur tatsächlich angefallene Auslagen in Rechnung stellen kann (vgl. Henssler/Prütting/Dittmann, BRAO, § 49 b Rz. 10), woran es vorliegend fehlt. Der Ansatz ersparter Reisekosten bis zur Höhe zusätzlicher Gebühren nach § 33 Abs. 3, § 53 BRAGO scheidet ebenfalls aus. Ohne Einverständnis der Partei mit der Vertretung in der mündlichen Verhandlung liegen die Voraussetzungen der § 33 Abs. 3, § 53 BRAGO nicht vor. ...