OLG Zweibrücken: Keine Beiordnung eines Unterbevollmächtigten im Rahmen der Prozesskostenhilfe
OLG Zweibrücken Beschluss vom 8.9.2003 – Aktenzeichen 5 WF 112/03
Vorinstanzen:
AG - FamG - Frankenthal, Beschluss vom 23.7.2003 – Aktenzeichen 7a F 295/02
Normen:
ZPO §§ 91 Abs. 2, 114, 121 Abs. 3 und 4
Leitsätze
Im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe kann der Partei – nach wie vor – neben einem Hauptbevollmächtigten lediglich ein Verkehrsanwalt, nicht aber ein Unterbevollmächtigter, beigeordnet werden.
Gesetzliche Änderungen im Recht der Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte beinhalten insoweit keine Änderung der Rechtslage. Auch die Rspr. des BGH (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZR 30/02, FamRZ 2003, 441; v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152 = MDR 2003, 233; JurBüro 2003, 202) betreffend die Pflicht der unterliegenden Partei zur Erstattung von Kosten eines mit der Terminswahrnehmung beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts steht dem nicht entgegen.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird für den Antragsteller zugelassen.
Gründe
Dem Antragsteller wurde für das Scheidungsverfahren erster Instanz vom FamG durch Beschluss vom 1.4.2003 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes bewilligt. Im Termin des FamG vom 12.6.2003 beantragte der für den Antragsteller in Untervollmacht erschienene Rechtsanwalt S., die Prozesskostenhilfe auf seine Beiordnung zu erstrecken. Nach Abtrennung von Folgesachen wurde ein Urteil in der Ehesache verkündet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das FamG eine Beiordnung des ortsansässigen Rechtsanwaltes als Unterbevollmächtigten abgelehnt.
Hiergegen richtet sich die in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedenkenfreie sofortige Beschwerde des Antragsgegners (§ 127 Abs. 2 ZPO).
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Das FamG hat eine Beiordnung von Rechtsanwalt S. als Unterbevollmächtigten zu Recht abgelehnt.
Im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe sieht das Gesetz neben der Beiordnung eines Hauptbevollmächtigten lediglich die Beiordnung eines weiteren Rechtsanwalts zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten vor, soweit besondere Umstände dies jeweils erfordern (§ 121 Abs. 4 ZPO). Hieraus wird zu Recht abgeleitet, dass darüber hinaus die Beiordnung eines Unterbevollmächtigten nicht möglich ist (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 121 Rz. 19; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. § 121 Rz. 18; Schneider, MDR 1999, 959).
Die gesetzliche Regelung des § 121 ZPO geht davon aus, dass i.d.R. ein am Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt beigeordnet wird. Falls ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden soll, dürfen hierdurch keine Mehrkosten entstehen (§ 121 Abs. 3 ZPO). Mit der Beiordnung eines Unterbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung würde diese gesetzliche Regelung unterlaufen. Wenn wie im vorliegenden Fall ein am Wohnort einer Partei ansässiger Rechtsanwalt beigeordnet wurde, kann lediglich, wenn hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ein am Prozessgericht zugelassener Anwalt als Hauptbevollmächtigter, der bisherige Hauptbevollmächtigte als Verkehrsanwalt beigeordnet werden (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 121 Rz. 19).
Durch Wegfall der beschränkten Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte ist insoweit eine Änderung der Rechtslage im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht eingetreten.
Auch die Entscheidung des BGH vom 16.10.2002, wonach die Kosten eines vom auswärtigen Prozessbevollmächtigten mit der Terminswahrung beauftragten Unterbevollmächtigten von der unterlegenen Partei regelmäßig zu erstatten sind, wenn sie Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in etwa gleicher Höhe ersparen (BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = FamRZ 2003, 441), kann vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Danach ist zwar – von Ausnahmen abgesehen – die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwaltes durch eine am auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Halbs. ZPO. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der gesetzlichen Änderung im Recht der Postulationsfähigkeit durch die Beibehaltung des § 121 Abs. 3 ZPO i.E. die Wahlmöglichkeit der bedürftigen Partei eingeschränkt. Da in der bisherigen Rspr. und Lit. eine Erstattungsfähigkeit von Reisekosten zur Terminswahrnehmung umstritten war, kann die vorstehend zitierte BGH-Entscheidung zu § 91 ZPO womöglich für den Gesetzgeber Veranlassung sein, diesbezüglich eine Angleichung im Recht der Prozesskostenhilfe vorzunehmen. Ein Anspruch auf Gleichstellung im Rahmen von Prozesskostenhilfe mit einer sog. reichen Partei diesbezüglich lässt sich nach Auffassung des Senats im Hinblick auf den bestehenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG herleiten.
Nebenentscheidungen für das Beschwerdeverfahren (Kosten und Streitwert) sind entbehrlich.
Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).